Rote Hilfe OG Freiburg:
Am 03.12. fand am Amtsgericht Freiburg unter Ausschluss der Öffentlichkeit die erste Verhandlung zur Besetzung in der Guntramstraße 44 im Dezember 2018 statt. Dem Aktivisten wurde Hausfriedensbruch vorgeworfen und er wurde zu 35 Arbeitsstunden verurteilt.
Die Besetzung war eine Reaktion auf die Entmietung aller Mieter*innen in der Guntramstraße 44 durch den Eigentümer Bertram Feil. Dieser stellte allen Mieter*innen den Strom ab und kündigte ihnen wegen angeblichem Eigenbedarf. Aktuell wohnt aber nicht der Eigentümer im Haus, sondern neue Mieter*innen – zu stark angestiegenen Mieten. Die Aktion richtete sich auch gegen das Privateigentum an Immobilien im Allgemeinen. Der Prozess wurde durch viele Aktivist*innen begleitet.
Erst kurz vordem Prozess wurde klar, dass dieser unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden würde. Begründet wurde dies mit der Minderjährigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt. Einige Unterstützer*innen die daraufhin im Gerichtsgebäude warten wollten, weil es davor eiskalt war, wurden unsanft von zwei Justizbeamten nach draußen geschubst. Die staatlichen Diener*innen scheinen kein Interesse an kritischer Begleitung des Prozess zu haben. Die vor dem Gerichtsgebäude Wartenden brachten ihre Botschaft durch Banner zum Ausdruck und wurden dabei permanent vom Staatsschutz beobachtet.
Der Prozess selbst bestand aus Angaben zur Person des Angeklagten, in der er politisch Stellung bezog und seine Tat einordnete. Dabei machte der Aktivist klar, dass er die Aktion für politisch notwendig hält und weiterhin hinter dieser steht. Die Staatsanwaltschaft ließ in ihrem Plädoyer den politischen Charakter des Prozesses und der Repression klar erkennbar werden und verbrachte viel Zeit um über andere politische Aktionen zu sprechen, die mit der Tat selbst nichts zu tun hatten, beispielsweise über die Autonomen Kulturtage des autonomen Zentrums „KTS“. Sie lehnte eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen ab. Hier zeigt sich das Repression eben nicht nur Einzelne für vermeintlich begangene Taten, sondern die linke Bewegung als Ganze treffen soll.
Die von der Staatsanwaltschaft geforderten 80 Arbeitsstunden empfand Richterin Mattern für zu viel und verurteilte den Beschuldigten schließlich zu 35 Stunden. Aber auch 35 Stunden sind zu viel für legitimen Aktivismus. Die Richterin selbst erkannte zwar, dass ihre Strafe moralisch falsch sei, blieb aber gleichzeitig dabei, dass sie nun mal geltendes Recht durchzusetzen habe. Auch hier zeigt sich wie Klassenjustiz funktioniert: Nicht über die bestehenden Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse wird debattiert, sondern rein nach bestehender Gesetzeslage entschieden – nach Gesetzen die diese ungerechte Ordnung festschreiben und die besitzende Klasse protegieren.
Für uns bleibt daher Solidarität weiterhin eine Waffe gegen die Klassenjustiz. Die bestehenden Eigentumsverhältnisse sind in Frage zu stellen: Wir bleiben bei der Forderung, dass die Häuser denen gehören sollen, die darin wohnen. Besetzungen bleiben – besonders in Zeiten von Wohnungsnot und Verdrängung – notwendig und legitim.